Als ich am vergangenen Donnerstag auf dem Rückweg von der Orgelabnahme in Kneheim war, habe ich in Vestrup einen spontanen Zwischenstop eingelegt und ein paar Tonaufnahmen an der dortigen historischen Kröger-Orgel von 1875 gemacht, mit denen ich dieses Instrument jetzt vorstellen möchte, nachdem ich Ton und Bilder fertig zusammengeschnitten habe.
Die Orgel stammt aus der in mehreren Generationen in Goldenstedt und Vechta ansässigen Orgelbauwerkstatt Kröger. Arnold Bernhard Kröger führte zusammen mit seinem jüngeren Bruder Gorgonius Heinrich den von Vater Johann Bernhard Kröger um 1825 gegründeten Betrieb. Unter dem Namen „J. B. Kröger und Söhne“ konnte die Familie in den 50er, 60er und 70er Jahren des 19. Jahrhunderts viele Instrumente im Oldenburger Land und im Emsland bauen, von denen nur noch wenige bis heute erhalten sind. Nach dem Tod des Vaters 1878 trennten sich die beiden Brüder und der jüngere Gorgonius gründete einen eigenen Betrieb in Vechta.
Die Familie Kröger hielt noch lange an der klassischen Orgelbautradition fest – noch bis in die 1890er Jahren bauten sie mechanische Schleifladen. Und, wie die Disposition der Vestruper Orgel zeigt, auch der Dispositionsaufbau war noch streng an der klassischen Prinzipalpyramide ausgerichtet. Nur das zweite Manualwerk, das mit Gamba 8', Hohflöte 8' und Flauto douce 4' besetzt war, trug deutlich den Charakter des etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts üblichen dynamisch untergeordneten Werks. Im Laufe der Zeit erfuhr die Orgel allerdings ein paar kleinere Veränderungen. Die durchgreifendste Veränderung war die Renovierung durch die Orgelbauwerkstatt Alfred Führer (Wilhelmshaven) im Jahr 1971, bei der die Spieltraktur erneuert wurde und das zweite Manual eine neue, „neobarocke“ Disposition mit größtenteils neuem Pfeifenwerk erhielt. 1999 fand eine Teilrestaurierung durch den Orgelbauer Martin Cladders aus Badbergen statt, nach der die Orgel heute wieder in einem technisch einwandfreien Zustand ist. Es gibt Pläne zu weiteren Restaurierungsabschnitten, die die Wiederherstellung der originalen Spieltraktur sowie der originalen Disposition vorsehen. Diese Pläne sind bislang jedoch noch nicht zur Ausführung gekommen.
Bei meinem Besuch präsentierte sich die Orgel in einem guten Zustand. In ihrer eher barock-herben Klanglichkeit sind es nicht die „romantischen“ Orgelwerke (zwischen Rinck und Reger), die sich in erster Linie für die Portraitierung dieses Instruments anbieten. In meiner Notentasche hatte ich an diesem Tag die 1936 von Franz Willms herausgegebene Sammlung „Praeludia“ mit 157 Vor-, Zwischen- und Nachspielen in allen Dur-, Moll- und Kirchentonarten. Daraus hatte ich 2006 beim Werkstattkonzert von Orgelbau Mebold in Siegen einige Werke des italienischen Komponisten Ettore Desderi an der damals gerade fertig restaurierten Heinrich-Küper-Orgel von 1882 für Kellinghausen gespielt, also einer Orgel ungefähr aus der gleichen Zeit wie das Vestruper Instrument, wenn auch deutlich kleiner. Diese Kompositionen kamen mir jetzt wieder in den Sinn – und in der Tat eignen sich die 12 Kompositionen („Praeludia-Suite“) von Desderi in ihrer herben, teilweise von der gregorianischen Melodieführung inspirierten Tonsprache gut zur Vorstellung der verschiedenen Klänge der historischen Kröger-Orgel in Vestrup.
Das Ergebnis ist nun hier zu hören:
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Hautbois 8' (Sonntag, 17 Januar 2021 19:42)
Super das die Orgel jetzt zu hören ist auf YouTube. Es ist wie ich finde die schönste Orgel in der Bakumer Gemeinde. :-) Liebe Grüße!